Ihre Weissagungen gab Carmenta in Form von Versen bzw. als Gesang, daher ist sie auch eine Göttin der Zaubersprüche und Verzauberungen. Die Göttin der Geburtshilfe beschützt Hebammen und werdende Mütter.

Die Zauberin

carmenta1Ursprünglich war Carmenta eine Nymphe aus Arkadien, eine Tochter des Flusses Ladonas. Sie war so zauberkräftig, die Magie, die in ihrem Namen ausgeführt wurde, war so wirksam, dass sie in den Mythen langsam zur Göttin wurde.

Ihre Weissagungen gab Carmenta in Form von Versen bzw. als Gesang, daher ist sie auch eine Göttin der Zaubersprüche und Verzauberungen. Die Göttin der Geburtshilfe beschützt Hebammen und werdende Mütter.

Die Göttin Kore schenkt Carmenta am 15. Januar über die Karten einen Einblick in die Zukunft der Kinder. Nach ihrem Vorbild legen Hebammen nach der Geburt dem Neugeborenen immer wieder die Karten und schauen in seine Zukunft.

Steht an der Pforte

Carmenta hat zwei Begleiterinnen, die auch als Schwestern oder Töchter bzw.
Personifikationen von zwei ihrer Eigenschaften aufgefasst wurden: Antevorta und Postvorta — die Göttinnen der Zukunft und der Vergangenheit. Gemeinsam wurden sie auch die „Carmentae” genannt.

Diese stehen an den Porten und Übergängen, wie jene vom alten in das neue Jahr, aber vor allem auch an der Schwelle am Beginn eines Lebens, am „Tor ins Leben“, durch das Kinder geboren werden.
Antevorta und Postvorta hatten im antiken Rom zwei Altäre, sie wurden von schwangeren Frauen angerufen als Beschützerinnen gegen die Gefahren der Geburt.
Carmenta war für die Lage des Kindes im Mutterleib verantwortlich – als Antevorta ist sie die Göttin der „Kopfgeburt”, bei der das Baby mit dem Kopf voran zur Welt kommt, als Postvorta ist sie die Göttin der Steißgeburt.

Mutter des Karnevals

Am 11. und 15. Januar begingen die römischen Frauen zu Ehren der Göttinnen Carmenta und Juno das Fest Carmentalia. Zu Carmentalia sollten magische Handlungen auch heute noch unter den Schutz dieser Göttin stehen.

Carmenta gilt auch als die Mutter des Karnevals, dessen Zeit ja auch in die Festivitäten der Carmentalia fällt.

Doch Carmenta hat auch noch andere Qualitäten: Das eingedeutschte Wort „Charme“ für „Anmut, Liebreiz, Zauber“ wurde im 18. Jhd. aus dem Französischen entlehnt und leitet sich vom lateinischen „carmen“ ab, was mit Gesang, Gedicht, feierliche Rede, Kultlied, Zauberformel übersetzt wird.
Ein „carmen“ ist auch eine heilige Anrufung der Göttin Carmenta. Sie gilt als Erfinderin des Alphabets und damit der „Worte der Macht“.

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Gesungene oder gesprochene Zauberformeln als Worte der Macht

Ein „carmen“ im Sinne einer Beschwörung spiegelt den uralten Glauben der Männer wider, dass die Frauen Gewalt über die Körper und Seelen der Männer hätten, weil sie gesungene oder gesprochene Zauberformeln beherrschen, mit denen die Hilfe der Göttin angerufen wird. Dieser Glaube ist nicht ganz unlogisch, denn die angerufene Göttin ist die Natur, und die Natur verursacht ja schließlich die Zeichen sexueller Anziehung, einschließlich Verliebtheit und Peniserektion, so dass sich der Mann wie ein hilfloses Opfer unbekannter Kräfte fühlen musste.

Deshalb könnte alles, was einen Mann fühlen lässt, dass er sich zu einer Frau hingezogen fühlt, gleichbedeutend mit Zauberei sein: der Charme der Frau, die Bezauberung, die von ihr ausgeht, mit der sie den Mann verhext hat.

Das Britische Parlament beschloss daher 1770 ein seltsames Gesetz, das Hinweise auf genau diese archetypische Angst liefert: Es verbot den Frauen, Männer durch irgendein künstliches Hilfsmittel wie falsches Haar, eiserne Korsettstangen, hochhackige Schuhe oder Parfum in die Ehe zu „locken“. Wenn ein Ehemann nachweisen konnte, dass seine Frau solche Hilfsmittel angewandt hatte, wurde die Ehe für nichtig erklärt und die Frau zog sich die Strafen des Gesetzes wegen Hexerei zu.

Und in einer Pressemitteilung aus dem Katholikentag im Jahr 1968 ist zu lesen: „Alle Frauen sind gefährlich“.
Das wurde bislang auch in keinster Weise zurückgenommen oder relativiert.

Der verdächtige Gesang der Frauen

Auch der Gesang von Frauen war im hohem Maße verdächtig, da es die klassische Methode war, einen Zauber zu sprechen. Das französische enchanter, verzaubern, bezaubern kommt vom lateinischen „incantare“, was ursprünglich „hineinsingen“ meinte, später aber auch „durch Zaubersprüche weihen“ bedeutete.

Und „zaubern“ — das durften natürlich nur Männer, vor allem in patriarchalen monotheistischen Religionen. Da waren Frauen mit ihren Fähigkeiten ja schon immer höchst gefährlich, weil sie eine zu große Konkurrenz zu den Männern waren. Da wundert es nicht, dass der Heilige Bonifatius (675-754) befand: „Frauen dürfen in der Kirche nicht singen“.
Und die rituellen Verbote des Corpus Iuris Canonici (1234-1916) beinhalteten auch das strikte Gesangsverbot für Frauen in der Kirche. Was auch eine der „Begründungen“ war, dass Frauen nicht Priesterinnen werden durften, weil ein Priester muss im Gottesdienst singen und weil das eine Frau nicht darf, kann sie also dieses Amt nicht bekleiden. Logisch. Oder?

Noch Anfang des 18. Jahrhunderts wurde kompromisslos verkündet: „Keine Weibsperson darf bei hoher Strafe Musik aus Vorsatz lernen, um sich als Sängerin gebrauchen zu lassen.“ Allerdings: Wo die striktesten Verbote sind, dort findet man immer die größte Kraft !!!

Frauen halten sich da gerne an Carmenta, die Göttin, die ihre beste Zeit in den Tagen unseres Faschings hat. Sie beschützt also nicht nur alle Frauen, die schwanger sind (oder mit einem Gedanken oder Projekt schwanger gehen).

Sie hilft Frauen auch zu orakeln, zu zaubern und Magie zu wirken, ihre Stimme zu erheben, die richtigen und notwendigen Töne zu finden. Am wirkungsvollsten sind diese Zauber, wenn sie gesungen oder in Versen und Reimen verpackt sind.

auch: Carmentis, Nicostrata

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