Nerthus ist die göttliche Mutter der Vanen, der mythologischen Gottheiten des vorgermanischen Europa. Ihr Name bedeutet „Erde“. Sie ist die Göttin des Wachstums.

 Kraft des Wachstums

 

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Nerthus ist die göttliche Mutter der Vanen, der mythologischen Gottheiten des vorgermanischen Europa. Ihr Name bedeutet „Erde“. Sie ist die Göttin des Wachstums. Ihr Hauptheiligtum lag der Überlieferung zufolge auf einer Insel inmitten der Ostsee (man vermutet, dass dies das heutige Rügen ist).

Nerthus wurde in einem heiligen Hain auf dieser Insel von sieben germanischen Stämmen (Reudigner, Avionen, Angeln, Variner, Eudosen, Suardonen und Nuitonen) verehrt, diese bildeten den Nerthusbund.

Neuer Lebensmut nach langem Winter

Jeweils zu Frühlingsbeginn wurde von dieser Insel ein reich geschmückter heiliger Wagen an Land geschifft. Auf diesem befand sich die Göttin, wahrscheinlich in Person einer Priesterin. Sie war bedeckt, niemand durfte sie sehen. Gezogen wurde der Wagen von heiligen Kühen. Er fuhr über das ganze Land und durch die verschiedener Stammesterritorien.

Nerthus verhalf damit den Menschen und der gesamten Natur nach dem langen und entbehrungsreichen Winter zu neuem Lebensmut und Fruchtbarkeit. Dieser Umzug diente auch dazu, den Feldern Fruchtbarkeit zu bringen, damit es in diesem Jahr ertragreiche Ernten gibt. Und diese Zeit war auch wichtig, um den verschiedenen Stämmen Frieden oder zumindest ein wenig Ruhe in Form eines Waffenstillstands zu verschaffen. Denn niemand durfte streiten, keine Waffe durfte ergriffen werden, solange Nerthus unterwegs war. Begleitet wurde die Göttin von einem Priester als „Vertreter des Gottes“. Es kann vermutet werden, dass Priester und Göttin eine „Heilige Hochzeit“ eingingen. Und sich damit von „höchster Ebene“ die Fruchtbarkeit auf das gesamte Land und alle Menschen ausbreiten möge.

Diese Prozession zog sich mehrere Wochen und Monate durch das Land und begann zum Fest der Ostara (Frühlingsbeginn) an der Küste und endete dort auch wieder in etwa zum Maifest (kelt. Beltane) mit einem gigantischen Volksfest, zu welchem VertreterInnen aller verehrenden Stämme anreisten. Nerthus regiert auch den Monat Mai.

Der Eingang zur Unterwelt

Weiters ist überliefert, dass Gespann und Göttin nach Beendigung ihrer Reise von speziell ausgesuchten Helfern in einem heiligen See gereinigt wurden. Nach dieser rituellen Reinigung sollen all jene, die das Antlitz der Göttin bei dieser Zeremonie erblickt haben, in oder an diesem See geopfert worden sein.

Diesen See kann man auch als Eingang zur Unterwelt deuten. Die Göttin ruht dort in den Wintermonaten und kehrt im Frühling aus dem Schoß der Erde zurück und mit ihr alles Leben.
Damit ist sie auch eine jener Göttinnen, die alles Leben aus sich hervorbringt und wieder in sich aufnimmt. Durch die immer fortwährende zyklische Kraft können die Menschen darauf vertrauen, dass alles, das im tiefen Bauch der Erdgöttin ruht, immer wieder neu geboren wird.

Die Silbe „ner“ bedeutet auch „von unten“, also zur Unterwelt gehörend.

Im Zuge verschiedener kultureller und religiöser Entwicklungen verblasste die Bedeutung der Nerthus immer mehr zugunsten anderer Gottheiten.

Nach Vollzug der Christianisierung Mitteleuropas verschwindet ihre ursprüngliche Bedeutung völlig und nur in sehr verzerrter Form taucht sie als Njörd später in der Edda auf.
Nerthus gilt gleichzeitig als Schwester und Gattin des Meeresgottes Njörd. Da dieser aber in einigen Auslegungen nicht als Vater, sondern als Mutter der Göttin Freya gilt, kann angenommen werden, dass es sich dabei um Nerthus handelt, von der sich später der männliche Njörd abspaltete bzw. in den sie umgewandelt wurde.

Ein Teil ihrer Attribute findet sich später in der Figur der Göttin Frigg wieder.  

auch:  Nertus, Hertha, Nerthum, Neithum, Njordis, Verthum

 

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